Es ist ja bestens bekannt, dass Bier sehr gut mit Kakaoprodukten harmoniert. Aber welcher Stil passt zu welcher Schokolade?

Meditation, Transzendenz, Grenzerfahrung. Die Kombination von Schokolade und Bier hat von all dem etwas – und ist dennoch gar nicht „esoterisch“. Ganz geerdet, leicht zu bekommen, zu handhaben und ein Heidenspaß. Bevor wir uns dem für das GENUSS.MAGAZIN durchgeführten Cross-Testing widmen, müssen wir ein paar Informationen platzieren: Erstens: Jeder Mensch ist ein Individuum, ganz besonders, was sein Sensorium anbetrifft. Es gibt keine zwei, die gleich, oder auch nur fast gleich, empfinden. Es gibt also weder richtig noch falsch, sondern einfach Geschmack. Zweitens: Das Segment Bier umfasst eine ungeheure Vielfalt an Geschmäckern, Intensitäten, Texturen und Farben. Es ist viel breiter und tiefer, als die meisten Menschen glauben. Drittens: Die Craftbier-Welle hat uns eine neue Freude an Vielfalt und Bierqualität beschert. Vor allem die Sicht auf Bier hat sich geändert, beziehungsweise ist sie im Begriff, sich zu ändern. Viertens: Wir apostrophieren Bier-Stile. Für das Tasting haben wir je Stil ein Bier herangezogen, in seiner Güte und Typizität mustergültig

Die Biere

Wir haben Stile ausgesucht, die wir für besonders geeignet halten, mit Schokolade kombiniert zu werden. Eine Beschränkung auf sechs Biere erschien uns sinnvoll, um die Gaumen der Verkoster und Verkosterinnen nicht zu überfordern. Hier eine kurze Darstellung der gewählten Stile und ihrer Biere:

Wit – Raschhofer Lebenskünstler
Ein belgischer Stil. Die Biere werden mit Weizenmalz eingebraut, meist 30 bis 40 Prozent Anteil an der Schüttung. Koriandersamen und Orangenschale liefern zusätzliche, überaus passende Flavours. Witbiere sind leicht anzutrinken und vor allem im Sommer sehr beliebt. Johann Eder stellt in der Innviertler Brauerei Raschhofer mit dem „Lebenskünstler“ ein großartiges und vielfach prämiertes Witbier her.

Helles Rauchbier – Ratsherrn Rauchbirne
Eine neue, kreative Interpretation des uralten, traditionsreichen Stilbündels „Rauchbier“. Ian Pyle kombiniert spürbare Rauchnoten mit leichter Säure und dezenten Fruchtaromen. Er hat in der Ratsherrn „Micro“ Rauchmalz mit Williamsbirnen eingebraut, das Ganze dann noch im Stil einer Berliner Weißen einer zweiten Gärung mit Milchsäurebakterien unterworfen. Das Bier ist mit 3,8 Volumsprozent sehr leicht und dennoch ziemlich ausdrucksstark.

India Pale Ale – Founders Centennial
Die Brauerei aus Grand Rapids, Michigan, ist auf Top Ten-Plätze abonniert. Bei Ratebeer wird Founders mit 99 von 100 möglichen Punkten bewertet. Der Parade-Craftbier-Stil IPA kommt gerade im „Centennial“ extrem gut an. Mit 7,2 Volumsprozent Alkohol und 65 Bittereinheiten ist es sehr kraftvoll. Das lässt schon die attraktiv leuchtende Kupferfarbe erahnen.

Kriek – Frank Boon Mariage Parfait
Beim belgischen Bierstil Kriek werden Sauerkirschen aus dem Zennetal mitvergoren, die Gärung erfolgt spontan, also mit Hefen, die in der Atemluft vorkommen. Frank Boon stellt ein einfaches Kriek her – und diesen himmlischen Jahrgangsverschnitt. Bei der Mariage Parfait werden einjähriges, zweijähriges und dreijähriges Kriek, allesamt im großen Holz ausgebaut, miteinander verheiratet. Das leuchtend rote Bier ist mit acht Volumsprozent kräftig und feinsäuerlich, der Kirschengeschmack erinnert an Amaretto.

Imperial Stout – Schönramer
Der Amerikaner Eric Toft gehört zu den Pionieren bayerischer Craftbier-Kultur. Sein Schönramer Imperial Stout hat 50 Bittereinheiten und satte 9,5 Volumsprozent Alkohol. Mit 300 EBC (Farbeinheiten) ist es dunkelbraun, die verwendeten Röstmalze verströmen im Bier selbst Kakao-ähnliche Aromen. Imperial Stout geht auf ein Biergeschenk des englischen Hofes an die russische Zarin zurück, daher die Bezeichnung und der üppige Stil.

Tankprobe – Hamburger Senatsbock im Cognacfass nachgereift
Es ist ein schöner Brauch, wertvolle Biere, zumal körper- und alkoholreiche, als „Zweitbelegung“ im kleinen Holz nachreifen zu lassen. Dabei verwendet man gerne Rum-, Whisky- oder eben Cognac-Fässer. Der Senatsbock ist eine Kollaboration von mehreren Hamburger Brauereien. Die alte Tradition wurde vor einiger Zeit wieder aus der Versenkung geholt. Nachdem es jahrzehntelang keinen „Senatsbock“ gegeben hat, erfreut sich die Übung wieder großer Beliebtheit.

Die Schokoladen

Chocolatiers unterscheiden zwischen echten Schokoladen und Pralinen. Für sie ist alles, was mehr Zutaten enthält als Kakao, in Gruppe zwei einzuordnen. Wir haben uns hier dennoch einem volkstümlichen Verständnis des Begriffes „Schokolade“ angeschlossen und bewusst auf handelsübliche Produkte zurückgegriffen, um Sie dazu zu animieren, den Test selbst nachzuvollziehen. Denn die Materialkosten für vier Personen liegen deutlich unter 50 Euro, ein genussvoller und diskussionsreicher Abend ist garantiert. Hier die im Supermarkt eingekauften Schokoladen.

» Lindt Lindor Milchschokolade
» Lindt Excellence Zartbitter 50 % Kakaogehalt
» Sarotti Nummer 1 85 % Kakaogehalt
» Milka Trauben-Nuss
» Lindt Excellence Chili
» Lindt Edelbitter Mousse Blaubeer- Lavendel Witbier

Perfect Matches

Es wurde matritzenhaft verkostet, also jedes Bier mit jeder Schokolade. Das BeerKeeper- Bewertungsschema ist denkbar einfach: ++, +, -, – -. In Worten: passt super, passt gut, eher weniger, geht gar nicht. Weiter unten bringen wir sechs „perfect Matches“.

Witbier & Blaubeer-Lavendel
(6-mal ++)
Sechs (von zehn) Testern gaben Doppelplus für diese Kombination. Duftiges harmoniert mit Duftigem, die etwas geile Mousse wird von der Leichtigkeit des Lebenskünstlers aufgefangen. Hier passen die Texturen zusammen: cremig die Schokolade, spritzig und lebendig das Wit.

Holzfassgereifter Bock & Milchschokolade
(5-mal ++)
Der Senatsbock, den Ian Pyle bei Ratsherrn im Cognacfass nachreifen lässt, kann nahezu mit jeder Schokolade kombiniert werden, am besten aber mit der Milchschoko. Die ziemlich intensive Süße der Lindor trifft dabei auf die feine und hochkomplexe Aromatik des Bieres.

Rauchbier & Trauben-Nuss
(5-mal ++)
Bier und Schokolade sind ein tolles Thema und immer für Überraschungen gut. So hat die beliebte Sorte Trauben-Nuss von fünf Testerinnen „passt super“ in Kombination mit dem Rauchbier erhalten. Rosinen harmonieren mit Birnen, Nüsse mit dem Raucharoma. Das Rauchbier hat insgesamt viele Plus und Doppelplus verzeichnet.

Imperial Stout & Zartbitter 50 %
(5-mal ++)
Wenn schon das Bier sehr bitter ist und nach Kakao schmeckt, dann sollte die Schokolade exakt dazu passen: zartbitter und intensiv im Geschmack. Das Imperial Stout passt erwartungsgemäß zu vielen Schokoladen, nur die Bittere der 85-prozentigen war in Kombination mit jener des Bieres des Guten zu viel.

IPA & Chili
(4-mal ++)
Das war klar: Schärfe und Hopfenbittere gehören zusammen. Was uns allerdings gewundert hat, war, dass das Ergebnis nicht noch klarer ausgefallen ist.

Kriek & Chili
(4-mal ++)
Dieses Ergebnis hingegen hat uns überrascht. Tatsache ist, dass das Amaretto-Aroma des grandiosen Jahrgangsverschnittes von Spontangärungslegende Frank Boon sich auch gegen feine Schärfe bestens behauptet. Für uns eine besonders attraktive Kombination, auch wenn sie „nur“ vier Mal Doppelplus erhalten hat.

Fazit

Auch ausgefallene Spezialitäten, wie eben Rauchbier, können hervorragend zu Schokolade kombiniert werden, selbst wenn man sich das vorab kaum vorstellen kann. Probieren geht eben immer über Studieren.