Sepp Wejwar am 31.10.2010 für CAPTAIN CORK

Seinerzeit, als ich noch Teilhaber einer mittelständischen Werbeagentur war … Damals hatten wir eine gehörige Abneigung gegenüber Marktforschungs-Ergebnissen. Ex-Post erhoben haben sie unseren wunderbaren Kreationen gespottet, A-Priori ermittelt haben sie die Umsetzung ausgefallener Einfälle erschwert. Die Skepsis ist mir erhalten geblieben aber ich konzediere (Altersweisheit), dass Ergebnisse aus Markt- und Meinungsforschung gelegentlich ins Schwarze treffen. Das hier vorgestellte Bräu und seine Kür zum „Bier des Jahrzehnts“ ist so ein Fall.

Commerzienrat Riegele Privat

Sehr helles, leuchtendes Gold, weißer, feinporiger Schaum. Feinste, lebendige Perlage. Innige Nase, die alle Stücke spielt (vom feinen Duft, wie er von gegrillten Maiskolben ausgeht, bis hin zu türkischem Honig und Biskuit). Der Antrunk ist von mittlerer Rezenz, also exakt so, wie man es sich bei diesem Biertyp wünscht. Am Gaumen finden wir getreidige aber auch fruchtig Aromen (reifer gelber Apfel, Orangenkaramell). Im sehr langen und enorm eleganten Nachtrunk auch eine feine, fruchtige Säure, wie sie selten zu verkosten ist. Insgesamt hat man in jedem Moment die Gewissheit etwas ganz besonderes zu trinken. Der Commerzienrat wurde zu Recht zum “Bier des Jahrzehnts” gewählt.

Die mittlerweile gut 6000 Mitglieder der größten deutschen Bier-Konsumenten-Vereinigung „ProBier“ wählen regelmäßig das „Bier des Monats“, aus Zwölfen dann das „Bier des Jahres“. Heuer war es endlich soweit. ProBier wurde alt genug um erstmals das „Bier des Jahrzehnts“ zu bestimmen. Den Sieger hätte man nicht besser aussuchen können: Der Commerzienrat. Sein Name erinnert an Sebastian Riegele Senior, der 1884, die traditionsreiche Augsburger Braustätte zum Goldenen Roß gekauft hatte. Er benannte sie neu, mit seinem Familiennamen. „Riegele“ heißt sie bis heute. „Commerzienrat Riegele Privat“ hält sein Andenken in Ehren. Sein Nachfahre ist heute Bräu: Der erste Biersommelier Vizeweltmeister Sebastian Priller-Riegele. Er ist in der Szene auch als „Bierquerdenker“ bekannt und schmückt als Kolumnist das Magazin „GENUSS.bier.pur“.

Das Reinheitsgebot ist keine Ausrede

Wer jetzt glaubt, dass ein Bierquerdenker nur verquere Biere braut und „allerley merckwuerdig zeug“ in seinen Sud mischt, irrt gewaltig. Man kann nämlich (der Commerzienrat ist das beste Beispiel dafür) auch mit Wasser, Hopfen und Malz Großes brauen. Denn das Reinheitsgebot von 1516, in Deutschland sakrosankt, wirkt nicht so einschränkend, wie manche behaupten. Dazu Sebastian Priller-Riegele: „Es ist erstaunlich, was alles innerhalb der Grenzen des Reinheitsgebotes möglich ist. Wer seine Rohstoffe kennt, wird viele Möglichkeiten sehen:“ Bei Riegele in Augsburg pflegt man zum Beispiel 66 (!) Hefestämme. Eine unglaubliche Vielfalt. Priller: „gerade in der Wahl der Hefe steckt enormes Potenzial.“ (Die arbeitsamen Einzeller beglücken uns mit ihren Ausscheidungen – vor allem Alkohol und Kohlensäure. Aber es kommt auch in hohem Maße auf den Hefestamm an, wie ein Bier schmeckt).

Der Commerzienrat ist nicht einfach ein „etwas besseres Bier“. Schon im Brauprozess wird mit größter Sorgfalt vorgegangen: Der Commerzienrat wird mit Spelzentrennung und einem uraltem Schrotmaischverfahren hergestellt. Wer diese seltene Spezialität mit Aufmerksamkeit genießt, wird erleben, wie delikat ein Bier sein kann. Und sich fragen, warum er sich (Manchmal? Meistens? Immer?) mit weniger gutem Gebräu zufrieden gibt. Am Preis kann es nicht liegen. Neun Halbliterflaschen kosten im „Biershop Bayern“ nur 17,90 € inklusive 19% MwSt. zuzüglich Versandkosten. Die betragen innerhalb Deutschlands 4,50 Euro, ab einem Bestellwert von lächerlichen 50 Euro erfolgt der Versand gänzlich kostenfrei!